„NeukundInnen-Gewinnung im Jahr 2006: Es lebe die Buschtrommel!“
Liebe Leserinnen und Leser,
ein neues Jahr, ein neuer Anfang. Während sich draußen in der Natur noch alles im eisgekühlten Winterschlaf befindet, regt sich in den meisten von uns die Lust auf Veränderung.
Aber wenn sich dann in diesen ersten Wochen des neuen Jahres wirklich das breite Feld der neuen Möglichkeiten vor uns auftut, sind die Gewohnheiten und überkommenen Vorstellungen vom letzten Jahr schnell wieder da. Es scheint so verlockend sicherer, sich auf Altes zurückzuziehen, auf scheinbar Bewährtes zurückzugreifen. Tun Sie´s nicht! Sollten Sie schon mal den Schwung für Neues haben, dann nutzen Sie ihn – jetzt.
Dies gilt besonders, wenn es um NeukundInnen-Gewinnung geht. Hierzu liefert Ihnen der vorliegende Newsletter Neues und gleichzeitig Bewährtes, was Sie ab 2006 umsetzen können, wenn Sie nur wollen. „Empfehlungsmarketing“ heißt das Zauberwort. Dass es wenigstens nur halb Englisch ist, zeigt schon, dass wir in unserem Kulturkreis das Phänomen bereits kennen – eben jedenfalls teilweise. Den Weg vom Kennen zum Anwenden beschreiten aber bisher nur die Wenigsten. Seltsam, denn beim Einsatz von Empfehlungsmarketing brauchen Sie noch nicht mal ein nennenswertes Sonder-Budget, um zum Erfolg zu kommen. Zur Realisierung solcher Konzepte ist Energie in anderer Form gefragt als in Münzen oder Scheinen. Setzen Sie auf Menschen und auf Menschliches. Mehr dazu verrät Anne M. Schüller, die gerade ein neues Buch zum Empfehlungsmarketing herausgebracht hat und im Interview kurz und knapp das Spiel und seine Regeln erläutert.
Ob Sie die Umsetzung auf eigene Faust versuchen oder sich hierfür Fachkompetenz holen, können Sie später immer noch entscheiden. Jetzt heißt es erstmal: Lesen, worum es geht und geistiges Neuland erobern.
Ein erfolgreiches neues Jahr mit viel Buschgetrommel wünscht Ihnen
Ihre Dr. Annette Hartmann
„Unterwegs auf neuen und alten Wegen der Akquise: Mit Empfehlungsmarketing“
wortstark: Frau Schüller, Sie beschäftigen sich besonders mit Empfehlungsmarketing. Gab es hierfür irgendein „Schlüsselerlebnis“ in Ihrer Biographie, welches Sie zu diesen Tätigkeiten führte? Oder wann und wie ergab sich das bei Ihnen?
Schüller: Ich war ja lange Jahre im Vertrieb und im Marketing, bis zu meiner Selbständigkeit 2001. Am Schluss war ich Marketingdirektor für die Accor-Hotellerie in Deutschland und dabei zuständig für Ibis und für Etap. Ibis ist ein Zwei-Sterne-Konzept und Etap ein Stern. Das heißt, ich hatte so gut wie keine Marketingbudgets. Ich musste mir Dinge einfallen lassen, die viel bringen und wenig kosten. Klassische Werbung fällt da völlig flach. So sind wir auf Konzepte gekommen, die heute als Guerilla-Marketing bezeichnet werden würden, damals kannten wir den Begriff nicht. Aber das Prinzip ist, aus dem Hinterhalt plötzlich spitz in den Markt zu gehen und mit neuen Mitteln Aufmerksamkeit zu erzielen.
wortstark: Sie machen es ja spannend. Was war Ihre konkrete Aktion?
Schüller: Bei Ibis haben wir eine Kampagne gemacht „Zahlen Sie doch was Sie wollen“. Da konnten die Gäste den Hotelpreis für eine Nacht selber bestimmen. Auf einen Schlag wurde die Marke sehr bekannt und zwar auch richtig positioniert. Wir hatten eine gewaltige Mundpropaganda und viel Presseecho bekommen. Die Bildzeitung war da und wollte ausprobieren, ob das wirklich stimmte und so weiter. Besser hätte es gar nicht laufen können.
wortstark: Klar, die Werbewirkung war wahrscheinlich unbezahlbar. Und was haben die Übernachtungsgäste dann auf freiwilliger Basis bezahlt? Bekamen Sie mehr oder weniger, als der normale Preis gewesen wäre?
Schüller: Einzelne haben es natürlich schon ausgenutzt, ein paar Stammgäste, Studenten, die haben sich eine kostenlose Übernachtung gegönnt. Insgesamt hatten wir in der Aktionswoche zwanzig Prozent „Umsatzeinbuße“, aber so kann man es ja nicht nennen, es war eine Investition in die Marke. Es war eben ein superfaires Angebot, die Kunden selbst bestimmen zu lassen, was „preis-wert“ ist, eben: den Preis, der es ihnen wert ist. Die meisten haben 120 DM bezahlt – 1994 hatten wir noch DM – viele haben auch 100 DM in die Hotelkasse bezahlt und dann noch den Hotelbediensteten Trinkgelder von 10 oder 20 DM gegeben, was auch eine tolle Geste ist.
wortstark: Klasse, die meisten Menschen sind bei so einem Angebot also ziemlich fair .
Schüller: Ja, das ist so eine wichtige Erfahrung, übrigens auch beim Beschwerdemanagement: Die Leute kritisieren und fordern ganz viel, aber wenn man ihnen dann plötzlich die ganze Hand hinstreckt, dann nehmen sie sie nicht und gehen wieder ein paar Schritte zurück.
wortstark: Aber was geschah längerfristig, vor allem auch in Sachen Empfehlungsmarketing?
Schüller: Wir haben mit Fragebögen gearbeitet und haben daraus viel gelernt. Und die Woche hat uns insgesamt zwanzig Prozent neue Gäste beschert, von denen uns viele geblieben sind. Bei Etap haben wir ähnliche Geschichten gemacht und noch mehr mit Fragebögen gearbeitet und zum Beispiel gefragt: „Könnten Sie sich vorstellen, uns weiterzuempfehlen?“. Und dann auch gleich die Kontrolle erhoben und weiter abgefragt: „Wie sind Sie auf uns aufmerksam geworden?“ Über neunzig Prozent der Gäste haben gesagt, ja, sie würden uns weiterempfehlen. Und etwa 26 Prozent der neuen Gäste kamen auch tatsächlich über Empfehlungen. Das ist ein Riesenanteil, weil ein Stern heißt ja minimale Serviceleistung. Aber die Leute hatten das Gefühl: Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt. Wie bei Aldi. Sobald die Leute sich gut bedient fühlen für das Geld, was sie ausgeben, fangen sie an, das weiterzuerzählen.
wortstark: Okay, danke, das war jetzt ein ausführlich dargestelltes, aber schon sehr lehrreiches Schlüsselerlebnis zum Empfehlungsmarketing. Gehen wir doch mal in die graue Vorzeit zurück: Ein Tipp unter Freunden – das kannten doch bestimmt schon unsere Vorfahren, die sich erzählten, wer im Dorf die besten Fellstiefel machen kann. Ich vermute, dass Empfehlungsmarketing älter ist als die moderne anonyme Werbung „Kaufen Sie XY“, die es erst seit etwa 100 Jahren gibt. Warum wird das Thema im Moment wieder so heiß gehandelt und unter anderem von Ihnen als „Zukunftstrend“ bezeichnet?
Schüller: Sie haben völlig recht, das Empfehlungsmarketing ist wahrscheinlich sogar die älteste Kaufmannstugend der Welt. Und die ist deswegen heute wieder so aktuell, weil die Konfusion riesig ist. Dadurch, dass es von allem zu viel gibt, also zu viele TV-Spots, zu viele Mailings, zu viele Plakate und so weiter, wirkt die einzelne Maßnahme immer weniger. Gleichzeitig wird sie aber immer teuer und die Leute reagieren zunehmend empfindlicher auf Spam. Ich behaupte, jeder TV-Spot ist „Wohnzimmer-Spam“, jedes Mailing ist „Briefkasten-Spam“. Dazu kommen noch die Skandale, zum Beispiel in der Lebensmittelbranche. Am Schluss glauben die Leute überhaupt nichts mehr. Deshalb sind heute Freunde und Bekannte die einzige gute Quelle, wo Leute vertrauensvolle Informationen über Produkte und Dienstleistungen bekommen. Darauf sollten wir uns rückbesinnen.
wortstark: Wie komme ich denn Ihrer Meinung nach, die Qualität meiner Produkte oder Dienstleistungen vorausgesetzt, zu guten Empfehlungen?
Schüller: Die Kunden müssen begeistert sein! Das ist das Wichtigste. Das geht nur mit Alleinstellungsmerkmalen. Zu einem Spitzenprodukt müssen dann noch gute Mitarbeiter kommen, wobei hier der persönliche Sympathiefaktor wichtig ist, man muss sich gegenseitig mögen. Wir empfehlen niemanden, den wir nicht leiden können. Und damit aus zufriedenen Kunden aktive positive Empfehler werden, sollte man die Sache dann nicht einfach dem Zufall überlassen, sondern selbst anschieben und aus einem Empfehlungsmarketing-Werkzeugkoffer die jeweils passenden Maßnahmen herausnehmen, zum Beispiel storytelling, also gute Geschichten über Erlebnisse von Kunden mit dieser Firma sammeln und verbreiten.
wortstark: Gut, dass Sie gerade einen Anglizismus benutzten, denn darauf wollte ich sowieso noch zu sprechen kommen. Wie immer, wenn neue Trends im Busch sind, regnet es englische Begriffe. Würden Sie bitte ins Deutsche übersetzen und kurz erläutern: Was ist ein „buzzer“, was ist „seeding“, was ist „viral marketing“?
Schüller: „Buzzing“ heißt „herumsummen“. Da werden Trendsetter, die „buzzer“ gezielt angesprochen und es wird ihnen ein neues Produkt vorgestellt. Wenn es ihnen gefällt, erzählen sie es weiter, fragen in Geschäften danach und starten sozusagen privat von ihrem Umkreis aus eine Nachfrage.
wortstark: Zwischenfrage: Bekommen die „buzzer“ da etwas dafür? Das würde sich doch auch wieder auf die Glaubwürdigkeit auswirken?
Schüller: Genau, und unter anderem deswegen bekommen sie auch nichts dafür. Das sind einfach Leute, die sind gerne Avantgarde, die wollen immer ganz vorne mit dabei sein und genießen ihren Informationsvorsprung. Die freuen sich, wenn sie in ihren Kreisen etwas Neues beitragen konnten.
wortstark: Aha, danke. Und was ist „virales marketing“ und „seeding“ im Marketingkontext?
Schüller: „Virales Marketing“ kommt von Virus. Eine Information geht von einer Stelle aus, diese Stelle macht das gezielte „seeding“, also das Aussähen an vielleicht 100 Leute. Von dort aus geht die Information wie ein Virus durchs Web und steckt alle an. Plötzlich kommt sie von allen Seiten.
wortstark : Hm. Ein etwas belasteter Name, im Zeitalter von AIDS und Vogelgrippe, oder?
Schüller: Ja, ich bin mit dem Namen auch nicht glücklich. Aber es heißt eben so.
wortstark : Kennen Sie ein Beispiel, wo so ein virales Marketing erfolgreich war?
Schüller: In meinem Buch zum Empfehlungsmarketing berichte ich von einem jungen Berliner 10-Mann/Frau-Unternehmen namens K-fee (Zur Buchbestellung). Das ist ein Energydrink auf Kaffee-Basis. Auf ihrer Website hatte die Firma gruselige Videoclips platziert, die heruntergeladen und im Schnitt neun Mal per E-Mail weitergeleitet wurden. Im Clip waren Links integriert und die generierten über zehn Prozent Responserate. Ein Spot kam in eine sehr verbreitete US-amerikanische TV-Sendung und erzeugte dort eine hohe Nachfrage. Heute ist K-fee in seinem Segment die Nummer 2 im Markt, nach Nestlé und vor Jakobs. Mit gutem Empfehlungsmarketing kann man also sogar Weltmarken schlagen.
wortstark : Hut ab – das ist ja wirklich eine Leistung. Doch habe ich gerade zum Empfehlungsmarketing online noch folgende Frage: Würden Sie es für jede Branche, also beispielsweise für Dienstleistungen genauso empfehlen wie für produzierendes Gewerbe? Gefühlsmäßig würde ich nämlich vermuten, dass bei Dienstleistungen traditionelle persönliche Empfehlungen von Angesicht zu Angesicht weiterhin besser ziehen als meinetwegen wie oben um ein neues Getränk geht. Stimmt das?
Schüller: Online-Marketing kann nur dann wirken, wenn erstens die anzusprechenden Kunden im Internet sind, wenn Sie eine internetaffine Zielgruppe haben. Und zweitens müssen die Produkte spektakulär sein, einen „wow-Effekt“ bieten. Das funktioniert also nicht bei allem und jedem. Klassische Dienstleistungen sind meistens weniger online-kompatibel, zum Beispiel Restaurants. Aber auch hier ist zunehmend der erste Schritt der Suchenden, ins Internet zu gehen. Und das Internet ist immer noch in erster Linie ein Informationskanal, erst in zweiter Linie ein Verkaufskanal.
wortstark: Nächster Aspekt: Unsere Wirtschaft ist ein System aus Geben und Nehmen. Beim Empfehlungsmarketing bewegen wir uns nach meiner Erfahrung aber schnell in einer Grauzone zwischen Freundschaft und Wirtschaft, wo das Thema Geld nicht mehr zur guten Beziehung zu passen scheint. Was raten Sie: Sollen die EmpfehlungsgeberInnen etwas für Ihre Aktivität bekommen, und wenn ja, was bzw. in welcher Form? Welche Erfahrungen haben Sie mit Provisionen oder nicht-monetärem Ausgleich?
Schüller: Es ist immer die Frage: Auf welchem Wege komme ich zum Ziel? Das sollten Sie im Vorfeld klären und das muss letztlich jeder selber wissen. Ich persönlich mache da nichts schriftlich und auch nichts mit Provisionen – mal abgesehen von Speakers Agencies, die 10% Provision bekommen. Das sind aber auch professionelle Vermittler. Ansonsten wäre mir das viel zu viel Zeit- und administrativer Aufwand.
wortstark: Okay.- Was sind nach Ihrer Erfahrung die häufigsten Fehler in Sachen Empfehlungsmarketing?
Schüller: Der häufigste Fehler ist, dass die Leute bei ihrem zufriedenen Kunden das aktive Fragen nach Empfehlungen vergessen. Und der zweite Fehler ist, dass sie zwar vielleicht fragen, aber dann alles dem Zufall überlassen. Dann dauert´s, falls überhaupt jemals etwas passiert und eine Empfehlung zu neuen Aufträgen führt. Hier muss eine systematische Strategie und mehr aktives und geschicktes Fragen hinein.
wortstark: Welche Risiken gehen die Leute ein, die es versuchen, aber ohne Fachkenntnis betreiben, also einfach falsch machen?
Schüller: Das größte Risiko ist natürlich, dass gar nichts geschieht und die Firmen irgendwann mangels neuer Kunden bankrott gehen. Oder aber, dass die Mund-zu-Mund-Propaganda zwar läuft, aber leider in der negativen Richtung, dass also Negativerlebnisse weiterverbreitet werden.
wortstark: Oh je. So schrecklich soll das Interview natürlich nicht enden. Deshalb stelle ich Ihnen nun noch die offene Frage und hoffe, Sie haben positive Antworten: Wenn Ihnen etwas einfällt, was Ihnen zu Ihrem Thema wichtig ist und worüber wir bisher nicht gesprochen haben, dann ist hier Raum dafür.
Schüller: Ja. Empfehlungsmarketing ist die schnellste Umsatzförderung der Welt. Die Empfehlungsgeber arbeiten kostenlos oder kosten wenig und generieren viele Neu-Kunden. So eine hohe Rendite gibt es bei keiner anderen Werbeform!
wortstark: (lacht) Okay, das war wirklich rundum positiv. Vielen Dank für dieses Gespräch!
Sie erreichen Dipl. Betriebswirtin Anne M. Schüller unter E-Mail info@anneschueller.de oder Tel. 089 – 64 23 208. Website: www.anneschueller.de
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