1) „Director Partner Sales“ in der IT-Branche: Reiz der Berufswahl?

wortstark: Frau Coso, Sie sind „Director Partner Sales“ bei Microsoft. Bevor wir in Ihre Biographie hineinschauen, interessiert mich erstmal: Was steckt hinter dieser Bezeichnung? Wie sieht Ihr beruflicher Alltag aus?

Diana Coso: Ich bin ursprünglich Informatikerin und ich arbeite seit Jahren im Vertrieb. Dort stehe ich im Kontakt mit unseren Partnern, die dann unsere Produkte veredeln, das heißt an den Kunden und seine Bedürfnisse anpassen und zum Teil noch weiterentwickeln.

wortstark: Gut, danke. Zur Ihrer Biographie: Bevor Sie zu Microsoft wechselten, waren Sie 23 Jahre bei HP, Hewlett-Packard. Was zog Sie einst in die IT-Branche und was hält Sie dort?

Diana Coso: Ich finde diese Branche deswegen so prickelnd, weil nichts so nachhaltig in das Leben der Menschen eingreift wie die IT. Vor 20 Jahren hatten wir nicht einmal Autotelefone und schauen Sie mal, was heute zutage alles möglich ist – auch in welcher Geschwindigkeit! Außerdem hat die IT-Branche sowohl den Business-Bereich als auch das Privatleben verändert, ganze Gesellschaftsformen. Das fand ich sehr spannend, weil man immer ein bisschen mit Zukunft beschäftigt ist und mit der Erleichterung des Alltags.

wortstark: … Mein Lebenspartner hat gestern Abend sein neues Handy in Betrieb genommen, da hatten wir beide überhaupt nicht das Gefühl, es erleichtert einem das Leben! Bis es endlich funktionierte! (lacht)

Diana Coso: (lacht) Na gut, das ist wie mit allem Neuen, man muss sich erst mal einarbeiten. Aber wenn man dann drin ist, ist es schon toll, was man alles für Informationen damit bekommen und verarbeiten kann. Auch dieser Entwicklungsgedanke, dieses Visionäre, am Neuen dran sein, das hat mich schon immer sehr angesprochen.

wortstark: Okay. Gab es ein Schlüsselerlebnis für Sie, in diese Richtung zu gehen?

Diana Coso: Mein Mann ist Informatiker. Das war ein Grund. (lacht)

wortstark: Gab es noch weitere konkrete Auslöser?

Diana Coso: Ja klar. Mir hat an HP und an Microsoft gefallen, dass sie eine sehr hohe Mitarbeiterkultur haben. Mitarbeiter sind das größte Gut, es wird in die Mitarbeiter investiert, in Schulungen zum Beispiel. Sie haben flache Hierarchien. Dort konnte ich schon früh meine Ideen einbringen. Und dank open-door-policies konnte ich auch sehr schnell zum Boss vordringen, musste dafür keine fünf Wege einhalten und habe mich nie unwichtig gefühlt. Diese Kultur hat mir immer sehr imponiert, weil sie die Kreativität fördert. IT-Unternehmen wie HP und Microsoft haben einfach eine ganz tolle Kultur.

2) Ausgezeichnet als „IT-Managerin des Jahres 2011“: Was heißt das?

wortstark: Ja, danke, das finde ich nachvollziehbar. Ich stellte Ihnen bisher bewusst meine Fragen nicht mit dem Zusatz „Sie als Frau“, weil ein Mann in oberen Positionen auch nicht ständig auf sein Geschlecht angesprochen wird. Aber bei der folgenden Frage will ich darauf hinaus: Sie wurden letztes Jahr zur „IT-Managerin des Jahres“ gewählt, eine Auszeichnung ausschließlich für Frauen. www.crn.de/hardware/artikel-93365-12.html
Wie, wo und warum erhält frau diese Auszeichnung?

Diana Coso: Es ist immer noch so, dass wir in Deutschland viel zu wenige Frauen in Führungspositionen haben. In den deutschen DAX-Unternehmen sitzen gerade mal drei oder vier Frauen im Vorstand, das ist so gut wie nichts. Und da die IT-Branche sehr technisch geprägt ist, ist sie noch weniger von Frauen durchdrungen. Diese Auszeichnung soll den  Frauen Mut machen.

wortstark: Und was muss frau leisten, damit sie diese Auszeichnung erhält?

Diana Coso: Die Frauen müssen erst mal ein bestimmtes Verantwortungsspektrum haben im Management, eine bestimmte Position. Und dann werden sie von den Partnern gewählt.

wortstark: In dem Artikel zu Ihrer Wahl hat ein Partner gesagt: „Sie hat Herz und Sachverstand und die nötige Ruhe und Klarheit sich in der immer noch männerdominierten IT-Welt zu behaupten und scheut sich nicht, die Themen anzugehen, die dringend angegangen werden müssen.“ Trifft es das, aus Ihrer eigenen Sicht?

Diana Coso: Ja. Ich bin ja schon ein paar Jahre dabei und die wissen einfach: Sie können sich auf mich verlassen. Ich setze auf Langfristigkeit. Und die Inhalte sind mit Geschäftskompetenz untermauert. Mit diesen Begründungen wurde ich gewählt.

wortstark: Was hat sich durch die Auszeichnung für Sie verändert?

Diana Coso: Gar nichts. Das ist nichts, was mein Leben revolutioniert hätte – eher quittiert. Die Leistung wird jeden Tag neu gefordert und neu definiert. Ich sehe so etwas als Quittung aber keine Eintrittskarte für irgendwas. Natürlich freue ich mich trotzdem über die Tatsache, dass meine Art und Weise zu agieren in der Männerwelt Anklang findet.

wortstark: Jetzt betonen Sie „Männerwelt“… ?

Diana Coso: Ja. Das Management der IT-Branche ist wie jede Führungsetage durchdrungen von Männern. Wenn man sich die ganzen Gipfel und Symposien anschaut, dann sitzen da 90% Menschen im Anzug und nur wenige Prozent Frauen.

3) Kommunizieren Frauen zu bescheiden? Motto: „Frauen arbeiten, Männer promoten sich“?

wortstark: Zum Männerüberschuss: Es gibt ja die gewagte Hypothese, dass die Frauen zu wenig oder das Falsche tun, um auch in die Führungspositionen zu kommen. Ich habe das Buch der Journalistin Barbara Bierach im Kopf „Das dämliche Geschlecht“. Darin wirft sie den begabten Frauen dieses Landes vor, sich den beruflichen Aufstieg durch eigenes Fehlverhalten wie beispielsweise einen zu bescheidenen Kommunikationsstil selbst zu vermasseln, nach dem Motto: „Frauen arbeiten, Männer promoten sich.“ Frauen hoffen und warten immer darauf, dass sie entdeckt werden. Inwieweit teilen Sie diese Einschätzung?

Diana Coso: Ich bin dessen müde, dass den Frauen immer Tipps gegeben werden, dass sie anders sein sollen. Frauen sollen sein, wie Frauen sind! Wir wollen ja mehr Weiblichkeit in die Führungsetage bringen und nicht männliches Verhalten kopieren. Das macht es erst schwierig. Frauenförderung sieht eben nicht so aus, dass nur die Erfolgsliste der Männer vorgebetet wird, das ist nun mal nicht die Erfolgsliste der Frauen. Der Appell richtet sich nicht nur an die Frauen sondern an die Führungsetage, weil die immer die Aufgabe hat, Talente zu fördern. Und ich nehme es keinem ab, dass es mehr talentierte Männer als Frauen gibt! Logischerweise ist der männliche Pool größer –

wortstark: – es gibt ja auch in manchen Berufen zu wenig weibliche Absolventinnen, oder? Wie viele Frauen studieren denn schon Informatik?

Diana Coso: Ja, wir sind da noch in der Minderheit. Aber die Zahl steigt. Deswegen geht es darum, zu zeigen, dass die technischen Berufe unbedingt weibliches Denken brauchen. In der IT wird viel Kreativität, vernetztes Denken gefordert und Einfühlungsvermögen – das sind alles Charaktere, die eher den Frauen zugesprochen werden. Hier muss einfach mal die kritische Masse an Frauen erreicht werden, damit mehr Natürlichkeit hineinkommt. Und dann fiele endlich auch der Druck weg, wie Frauen zu sein haben, um Karriere zu machen. Die sollen nicht länger in ihrer Natürlichkeit ausgehebelt werden und darüber nachdenken, ob sie Mann oder Frau sind, sondern sich der Sache widmen. Dieses „Tipps-geben“ nach männlichen Kriterien halte ich für wenig zielführend. Wenn es mehr Frauen im Management geben soll, müssen die aktuellen Führungskräfte verstehen, dass Frauen weniger Werbung für sich machen und ihre Suchkriterien verändern. Wenn sie nur nach männlichen Kriterien den Nachwuchs aussuchen und fördern, brauchen sie auch anschließend nicht den wenigen Frauen, die in so einem System aufsteigen, vorwerfen, sie wären zu männlich. Das „dritte Geschlecht“…

wortstark: Tja, „Karrierefrau“ oder „Karriereweib“ ist ja sogar ein Schimpfwort – den „Karrieremann“ gibt es erst gar nicht, denn dass ER auf Karriere setzt, versteht sich offenbar von selbst.

Diana Coso: Ja. Und nun der neue Weg: Ähnliches zieht Ähnliches an. Eine Frau kann in einem Vorstellungsgespräch leichter erkennen: „da ist jemand gut, promotet sich bloß nicht“. Deswegen ist es wichtig, dass auch an diesen Positionen mehr Frauen hochkommen. Dann fällt nämlich diese ganze Promoterei, dieses „wie verkaufe ich mich optimal anstatt zu arbeiten“, endlich weg. Und ohne Arbeiten geht´s auch nicht. Wer immer nur die Werbetrommel für sich rührt, wird nicht langfristig etwas bewirken können.

4) Hat man versucht, Sie zum Mann zu machen oder haben Sie es selbst versucht?

wortstark: Gehen wir nochmal zurück zu Ihrer eigenen Person: Wie förderlich oder hinderlich haben Sie sich und andere auf Ihrem Weg nach oben erlebt? Hat man versucht, Sie zum Mann zu machen oder haben Sie es selbst versucht?

Diana Coso: Ja. Ich habe bestimmt ganz typische Fehler gemacht. In den ersten Jahren meiner Führung wollte ich beweisen, dass ich mich sehr gut durchsetzen kann, und dann setzt man sich vielleicht etwas zu sehr durch – bis ich irgendwann mit mehr Erfahrung und Souveränität auf anderen Wegen zeigen konnte, dass ich als Frau nicht nur nett bin. Es ist ganz normal, wenn frau immer nur im Kreise von männlichen Kollegen, Peers und Chefs sitzt, dass sie sich zumindest am Anfang daran anpasst. Auch bei mir. Viele Frauen gab´s ja nicht, die mich hätten fördern können. Ich bin also hauptsächlich von Männern gefördert worden, die mir neue Aufgaben zugetraut haben und Zuspruch gaben. Dennoch bin ich ja bis heute ein der wenigen Frau auf Gipfeltreffen. Es ist mir vor ein paar Jahren mal passiert, dass ich mit einer Hostess verwechselt und nicht als Managerin gesehen wurde. Das kommt vor, dass ich irgendwo durchlaufe und ein Mann denkt, „die könnte ich mal nach dem Kaffee fragen“…

5) Mit der Hostess verwechselt: Was tun?

wortstark: Ach – und dann?

Diana Coso: Ich weiß ja, dass ich Pionierin bin und da ist es ganz wichtig, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.

wortstark: Was haben Sie gemacht, als der Mann Sie nach dem Kaffee gefragt hat?

Diana Coso: Ich habe einfach erläutert, dass ich selbst dort meine Geschäftstermine habe. Klar habe ich gemerkt, dass es dem Kollegen oder Kunden gleich peinlich wurde. Das zeigt ja, dass er mich nicht persönlich irgendwo reinstecken wollte sondern seine Aussage basierte auf einer gesellschaftlichen Wahrnehmung, denn 90% aller Frauen, die bei so einer Veranstaltung herumrennen, bringen eben den Kaffee. Also hat der Mann auch aus seiner Natürlichkeit heraus agiert und hat es nicht böse gemeint. Das ist keine persönliche Beleidigung sondern das sind nur Muster, weil es halt meistens so ist. Die Menschen sind Gewohnheitstiere.

wortstark: Also ich sehe hier noch einen anderen Aspekt: Hostessen müssen grundsätzlich hübsch sein, denn sie gehören zur Deko der Veranstalter. Wenn Sie, Frau Coso, nicht so gut aussehen würden, sondern beispielsweise die Statur einer Waschmaschine hätten, dann hätte Sie auch keiner nach dem Kaffee gefragt!? (lacht) Das Aussehen ist nun mal auch ein ziemlich weiblicher Aspekt?

Diana Coso: (lacht) Ja, kann sein.

wortstark: Mich fasziniert, dass Sie in so einer Situation ruhig bleiben und bewusst darauf verzichten, den Mann abzustrafen, das könnte ein platter 1:1-Schlagabtausch werden; Ihr Konzept des Überblicks gefällt mir.

Diana Coso: Ich setze auf Ruhe und Langfristigkeit. Ich glaube, das ist auch das, was Frauen früher falsch gemacht haben: Wir müssen nicht immer gleich auf die Barrikaden gehen. Es ist schon möglich, dass am Anfang von gesellschaftlichen Umwälzungen eine Revolution nötig ist, aber langfristig sollte die Frau in so einer Situation eher bei sich bleiben. Insgesamt ist wichtig, dass eine kritische Masse erreicht wird, damit es eines Tages egal ist, welches Geschlecht man hat sondern es um die Sache geht. Und dann wird keiner mehr weggeboxt, nur weil er oder sie einen anderen Weg des Denkens oder der Entscheidungsfindung mehr hat. Es gibt nicht nur die testosterongetriebene Entscheidungsmuster – die für sich auch notwendig und klasse sind, aber eben nur 50% unserer Welt abbilden können.

6) Hormongetriebene Entscheidungsmuster von Führungskräften: Unterschiede?

wortstark: Toller Begriff! Gibt es auch „östrogengetriebene Entscheidungsmuster“?

Diana Coso: Da muss man sicher aufpassen: Durch die Hormonbegriffe will ich nicht sagen, dass eines von beiden schlecht oder schlechter als das andere ist. Es ist nur anders.

wortstark: Beispiel?

Diana Coso: Ein solcher Unterschied ist, dass Frauen in manchen Situationen Dinge zwei drei Schritte vorher Dinge erahnen, wo Männer schnell einen Punkt dransetzen. Dadurch können Frauen in der Führungsrolle zum Beispiel leichter ihre Leute abholen, auch emotional abholen.

wortstark: Das war nun das Abholen. Was ist mit den Entscheidungsmustern?

Diana Coso: Ich meine das Mitteilen von Entscheidungen. Da sagen Männer einfach wie es ist und Frauen warten ab, bis ihr Team selber auf das Schlüsselwort kommt. Das fängt bei uns Frauen ja schon damit an, dass wir auch privat einem Mann nicht einfach sagen: „Ich hätte heute gerne Blumen“. Stattdessen warten wir ab, ob er selber drauf kommt, dass er ihr Blumen bringen sollte. Wenn eine Frau es sagt, sind der Erkenntnisweg und die Freiwilligkeit weg. Eine Frau würde eher ein Team triggern, dass es selbst auf Entscheidungen kommt und nicht die Entscheidung vorgeben, nur damit man schnell und effizient, rein faktenbasiert vorankommt. Emotionen sind eben nun mal nicht faktenbasiert. Es haben alle Menschen auch Emotionen und die sind ein wichtiger Faktor bei Entscheidungen.

wortstark: Jetzt könnte ich böse argumentieren und sagen: Der private Blumenstrauß kann ja ruhig emotional und angetriggert sein, aber eine Entscheidung in einem Unternehmen soll doch faktenbasiert und schnell sein? Wenn ich da groß abwarte, bis die alle selber drauf kommen, dann dauert das ja ewig! Da ist doch der Mann, der eine klare Ansage macht – „ich will das, Punkt“ – viel schneller und effizienter?

Diana Coso: Das kommt darauf an, ob ich schneller bin, denn es fragt sich, ob nachher alles so realisiert wird wie ich es vorgegeben habe? Es ist nachgewiesen, dass Entscheidungen, die vom Team getroffen wurden, anschließend auch vom Team getragen werden. Deshalb gibt es ja auch die große Führungsregel, dass man seine Leute abholen soll. Wenn das nicht geschieht, dann machen sie halt irgendwas, aber nicht das, was gewollt war. Viele schnelle Entscheidungen erweisen sich im Nachhinein als Bremse. Natürlich muss man wissen, wann die Zeit der Selbstfindung vorbei ist, aber es kann genauso schnell gehen, in die Runde zu rufen: „Leute, wir müssen bis morgen entscheiden, seht Ihr es so oder so?“ wie einfach eine Ansage zu geben: „Wir machen das jetzt so.“ Da sehe ich keinen großen Zeitunterschied. Vielleicht eine halbe Stunde mehr? Aber die Zeit spare ich nachher auf dem kilometerlangen Weg locker ein.

7) Druckreifes, pointiertes Sprechen versus Sprechdenken

wortstark: — Entschuldigen Sie, wenn ich jetzt einen Moment auf die Metaebene gehe: Mir fällt gerade auf, dass Sie extrem pointiert sprechen. Das betrachte ich als einen Segen für Ihr Umfeld, sowohl für mich jetzt im Interview und als auch vor allem in der Rolle als Führungsfrau. Ich sehe bei Ihnen die Fähigkeit, aus dem Stand heraus das Wesentliche zu formulieren.

Diana Coso: Das habe ich inzwischen schon mehrfach als Feedback bekommen! Früher hatte ich immer Bedenken, wenn es hieß, ich soll eineinhalb Stunden reden. Ich dachte „Oh Gott, wie soll ich die füllen?“ Aber es klappt, ich kann inzwischen auch eineinhalb Stunden füllen, nur habe ich es zunächst immer als Manko gesehen, dass ich im Vergleich zu anderen weniger Worte von mir gab.

wortstark: Nein, das ist eine eigene Stärke und übrigens seltener als der Typ Sprechdenker. Die denken nach, während das Wort schon ausgesprochen wurde und entwickeln ihre Gedanken weiter während des Sprechens. Für Führungskräfte dieses Typs ist es zentral, dass sie gleichzeitig die Fähigkeit haben oder aufbauen, nach diesem „laut nachdenken“ das Wichtige zu erkennen. Es gibt leider auch die, die anschließend orientierungslos in ihren vielen eigenen Worten herumschwimmen und keine Linie mehr finden, geschweige denn ihren GesprächspartnerInnen eine Linie vermitteln können. Ich bin jedenfalls begeistert von Ihrem Kommunikationsstil und kann mir gut vorstellen, dass er ein großes Plus beim Führen darstellt.- Zur nächsten Frage: Sind Sie für die Quote? Wäre das eine Form, ein geschlechtlich ausgewogeneres Management zu bekommen?

8) Frauenförderung: Zur Quote und dem Umgang mit Männerwitzen

Diana Coso: Nein. Wie beim jedem guten Businessplan bin ich für Vorgaben, aber die setzt sich am besten jeder selbst. Frauenförderung gehört auf die Agenda jeder Firma, jeder sollte sich anschließend selbst hierzu eine Kennziffer geben. Mit einer Quote würde ich sozusagen den Firmen aufbrummen, dass jede Frau die studiert hat, automatisch in eine Führungsposition kommt, denn es gibt ja zu wenige Frauen. Das finde ich falsch, das würde auch den Frauen unglaublich schaden. Und es wäre dem Talentgedanken hinderlich. Wie oben schon gesagt, würde ich erst mal die jetzigen Entscheider darauf trainieren, welche Qualitäten künftige Führungsriegen brauchen.

  • Es gilt, nicht die Frauen darauf zu trainieren, dass sie männlichen Mustern entsprechen sollten, sondern allen bewusst machen, auch weibliche Qualitäten einzubringen. Es geht um mehr Verständnis und Bewusstsein. Das Schwierige daran ist, dass die „Soft Kriterien“ immer gleich so esoterisch abgestempelt und unterschätzt werden, obwohl alle wissen, wie wichtig sie doch sind, dass sie den eigentlichen Erfolg ausmachen. Am Ende des Tages kaufe ich bei dem Verkäufer und bei dem Unternehmen, was mir ein Stück menschlicher und sympathischer erschienen ist und halte mich nicht nur an klare Daten und Fakten.
  • Dann braucht es weiterhin gute Ausbildungen für die Frauen.  
  • Und dann braucht es weibliche Vorbilder. Ich werde von vielen Frauen darauf angesprochen, ob ich ihre Mentorin sein möchte. Frauen wollen auch von anderen Frauen lernen. Sie wollen hören, was sie tun können, wenn zum Beispiel in einer Männerrunde dauernd Frauenwitze gerissen werden.

wortstark: Ja genau, das ist noch ein schöner Punkt: Was tun Sie dann? Erzählen Sie Ihrerseits einen Männerwitz, wo die Frauen die Cleveren sind?

Diana Coso: Nein. Ich belasse die Männer einfach in ihrer Welt. Ich gehe auf diese Witze gar nicht ein. Manchmal lache ich, wenn der Witz gut ist. Aber ich missioniere die Männer schon lange nicht mehr. Durch gewisse Compliance-Themen ist ja schon viel vorangegangen, mit Diversity allgemein. Zum Beispiel hingen früher noch in den Werkhallen Kalender mit nackten Frauen drauf. Die gibt es schon lange nicht mehr, so etwas darf nicht mehr aufgehängt werden und das finde ich absolut richtig. Durch solche Gesetze ist den Männern schon klar geworden, dass sie die Frauen in eine unangenehme Situation bringen können und ich glaube, da hat sich die Männerwelt schon gewandelt.

wortstark: Die Kalender an der Wand sind weg, aber die Bilder im Kopf scheinen mir schon manchmal etwas langlebiger: Was ist, wenn Sie irgendwo auftauchen und jemand sagt: „Ach, sind Sie hier die Quotenfrau?“

Diana Coso: Ich antworte „Auch das.“ Letztlich geht es auch bei Quotenfrauen darum, dass sie ihr Ziel erreichen. Ich möchte mich nicht damit aufhalten, ob ich als Quotenfrau beschimpft werde, sondern ich kann ein Ziel nur erreichen und einen Job nur überleben, wenn ich die Leistung bringe – egal wie ich da hingekommen bin, ob mit Glück, mit Quote, mit meiner Leistung. Es ist immer eine Kombination von Dingen, die zum Erfolg führt. Jedes Mal, wenn ich meine nächsten Schritte gemacht habe, wurde von Leuten, die mich nicht kannten, darüber spekuliert: „Naja, vielleicht hat man wieder mal ne Frau gebraucht?“ Ja klar, es hat eine Frau gebraucht, weil es fast keine gibt. Aber trotzdem: Eine Opernsängerin auf der Bühne kann doch nur überleben, wenn sie singen kann! Nur wer singen kann, bleibt oben!

wortstark: Schönes Bild, das gefällt mir…

Diana Coso: Wir sind halt leider noch nicht so weit, dass Führungsfrauen nicht mehr stigmatisiert werden. Schaffen wir´s, sind wir die Quotenfrau. Schaffen wir´s nicht, haben wir uns zu schlecht verkauft. Dadurch werden die Frauen in ein Dilemma getrieben: Egal was wir tun, es ist falsch. Und auf dieses Dilemma dürfen wir uns nicht einlassen. Für Frauen ist jetzt eine Zeit, wo sie ein bisschen auf Durchzug schalten müssen und sie sollten weder dem einen noch dem anderen Vorwurf dienen. Es ist ein Faktum, dass es schwierig ist, als Frau hochzukommen, ja, aber es ist auch ein Faktum, dass es machbar ist. Und es ist eigentlich eine Schande für Deutschland, dass wir so wenige Frauen in den Vorständen haben, weil ich nicht glaube, dass wir so wenig begabte Frauen haben.

9) Index für Frauenfreundlichkeit: Was halten Sie vom öffentlichen Pranger?

wortstark: Vielen Dank. Statt einer Frauenquote hatte die Bundesregierung ja einen Index für Frauenfreundlichkeit eingeführt, was aber bisher nichts an dem Ergebnis änderte, dass es kaum Frauen an der Spitze der größten deutschen Firmen gibt. Mit dem Index existiert jetzt so eine Art Pranger, es wird Öffentlichkeit dafür hergestellt, in welchen Firmen die Frauen besser oder schlechter vorankommen. Was halten Sie davon?

Diana Coso: Ich bin ein Fan davon, gute Dinge zu zeigen: Es wäre doch konstruktiver, mit Awards und Berichten diejenigen Firmen positiv hervorheben, die es gut machen. Dann werden sich die anderen irgendwann mal Gedanken machen müssen, warum bei ihnen alle qualifizierten Frauen abwandern.

10) Appell an die Frauen, sich für ihre Geschlechtsgenossinnen einzusetzen

Diana Coso: Ich appelliere zum Abschluss an die Frauen, dass sie sich für andere Frauen engagieren. Und dass sie sich, wenn sie mal gedanklich hängen, gezielt an andere Frauen wenden. Das muss ja nicht die direkte Chefin sein, das können auch Kolleginnen sein, die sich gegenseitig unterstützen. Zum Beispiel in den vielen Fällen, wo wir uns als Frauen nicht richtig wahrgenommen fühlen, von allen übersehen. Das kann sehr powervoll sein.

wortstark: Was für ein schönes Schlusswort! Danke.

Diana Coso

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